David Sium

Den Schulabschluss im Blick: Dawit Sium pendelte täglich zwischen Friesack und Spandau

Weite Wege musste Dawit Sium täglich zurücklegen. In Friesack wohnte er in einer Gemeinschaftsunterkunft, in Berlin-Spandau besucht er die Schule. An die 100 Kilometer Schulweg waren das hin und zurück. Inzwischen hat er einen vorübergehenden Unterschlupf in Falkensee gefunden, sucht eine dauerhafte Bleibe. Über die Volkshochschule in Spandau hat er die Möglichkeit, seinen 10. Klasse-Abschluss zu machen. „Ich will auch noch weiter lernen, Abitur machen, studieren“, sagt er. Aus seinem Heimatland Eritrea musste er fliehen. Seit der Unabhängigkeit von Äthiopien wird Eritrea autoritär
regiert, mit zeitlich unbegrenzten Zwangsdiensten für Männer und Frauen und der Verfolgung Andersdenkender. Psychologie würde Dawit interessieren. „Ob ich das schaffe, das weiß ich nicht“, sagt er. Aber er ist bereit, viel dafür zu geben.
Zum Lernen ist Dawit regelmäßig nach Falkensee in die B84 gekommen. Der Treffpunkt liegt sozusagen auf
halber Strecke zwischen Friesack und Spandau, noch dazu direkt am Bahnhof. In Friesack im Heim gab es
keine guten Bedingungen, um konzentriert zu arbeiten, sagt Dawit. Die Menschen sind dort auf sehr engem
Raum untergebracht. Den Schlafraum musste er sich zeitweise mit einem anderen Mann teilen, auf den Fluren ist es laut, auch spät abends noch.
In seinem eigenen Zimmer in Falkensee hat er es jetzt leichter. In den Treffpunkt der Willkommensinitiative
kommt er aber immer noch gerne. „Den Leuten, die mir helfen, bin ich sehr dankbar“, sagt er. Er hilft auch gerne anderen Geflüchteten, die noch mehr Schwierigkeiten mit der Sprache haben. Wenn er ein wenig mehr Zeit hätte, würde Dawit gerne auch einmal Fußball spielen. Aber im Moment ist daran nicht zu denken, die Schule geht vor.
Für das Helfen findet Dawit aber immer Zeit. Im Sommer ist er zum Arbeitseinsatz ins Hochwassergebiet
Ahrtal aufgebrochen. „Die Freude nicht am Nehmen, sondern am Geben“, sagt er. Dawit hatte einen Aufruf einer Berliner Gruppe gesehen und hat sich spontan entschlossen, mitzufahren, um zu helfen. Zu tun gab es viel, etwa Schlamm von den Wänden entfernen, damit die Mauern trocknen können.