Verletzungen durch die Flucht und Erkältungen

Die Arbeitsgruppe Medizin hat die Notunterkunft betreut

Erkältungen und Durchfälle – das waren einige der häufigen Probleme von Menschen, die 2015 und 2016 zur medizinischen Sprechstunde in der Notunterkunft in der Seegefelder Straße kamen, erinnert sich der Allgemeinmediziner Knut, Sprecher und Koordinator der Arbeitgruppe Medizin. Andere litten unter chronischen Erkrankungen oder hatten sich während der Flucht Verletzungen oder Krankheiten zugezogen, kamen mit älteren, schlecht verheilten Wunden. Die ehrenamtliche Hilfe durch ÄrztInnen, HelferInnen und TherapeutInnen füllte eine Lücke, denn für die Neuankömmlinge war da der Zugang zum deutschen Gesundheitssystem noch schwer. Um die regelmäßigen Sprechstunden haben sich vor allem die Ärzte Rassoul Faki und Lars Szczepanski zusammen mit Arzthelferinnen gekümmert. Medikamentenspenden kamen von Apotheken, Kirchengemeinden und Einzelpersonen. Auch durch das Sozialamt wurden schlussendlich Materialien und Medikamente finanziert. Die Verständigung war am Anfang schwierig. Viel lief am Anfang mit Händen und Füßen, Dolmetscher-Leistungen wurden leider nicht vom Amt finanziert, sodass oftmals Kinder zum Übersetzen herangezogen werden mussten. Das reichte natürlich nicht wirklich, wenn es um schwerere gesundheitliche Probleme ging. Kompliziert war auch, wenn etwa bei Erkältungen eigentlich nur Bettruhe gefragt war. „Das reichte vielen nicht aus, wenn ich gesagt habe, leg dich ins Bett und kurier dich aus“, meint Knut. Besser fühlten sie sich, wenn sie ein Rezept für ein Medikament bekamen. Auch nach Antibiotika wurde gezielt gefragt, aber verordnet wurden die nur in Fällen, in denen sie auch wirklich angezeigt waren. Ein wesentliches Ziel der Arbeitsgruppe Medizin war es, den Impfschutz der Geflüchteten zu verbessern. Dabei ging es um die Grippe-Reihenimpfung und um leicht übertragbare Krankheiten wie Masern, Röteln und Windpocken. „Anderswo ist das in öffentlicher Regie passiert, im Havelland hat sich das Amt geweigert“, berichtet Knut.

Am Anfang seien manche Verhaltensweisen von Geflüchteten als „Anspruchsdenken“ wahrgenommen worden, so Knut. Aber dabei habe es sich oft eher um Unsicherheit gegenüber dem schwer verständlichen deutschen Gesundheitssystem gehandelt. In arabischen Ländern etwa seien für die einfache Bevölkerung meist die staatlich geführten Krankenhäuser die Anlaufstelle bei Gesundheitsproblemen, während Arztpraxen als privat finanzierte zweite Schiene oft nur für Wohlhabende infrage kämen. Auch deshalb seien anfangs viele Geflüchtete mit kleinen Problemen zu den Rettungsstellen der Krankenhäuser gegangen. Ein schwerwiegendes Problem war die Traumatisierung vieler Geflüchteter. Hier wurde

versucht, Hilfe zu vermitteln. Schon bald gab es Chipkarten für Geflüchtete, mit denen sie zur Behandlung in die Arztpraxen gehen konnten. Abzurechnen ist darüber eine „reduzierte Regelversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“, so Knut. Auch das macht die Sache nicht einfacher.