Das erste Treffen der Initiative fand 2014 im Familiencafe des ASB am Rosentunnel statt. Ulf Hoffmeyer-Zlotnik, der ehemalige Leiter des ASB in Falkensee, bot an, das Mehrgenerationenhaus des ASB als Treffunkt zu nutzen. Ab sofort fand jeden zweiten Dienstag im Monat ein offenes Treffen der Initiative im ASB statt. Mit dem Ankommen der ersten geflüchteten Menschen in Falkensee 2015 wuchs auch die Initiative von 30 Menschen auf 70 an. Dank der Räumlichkeiten war das kein Problem, wir zogen aus dem Cafe einfach in den großen Saal um.
Das Mehrgenerationenhaus wurde zu einem umfassenden Wirkungsort. Arbeitsgruppen trafen sich dort,
Fortbildungen fanden statt und die meisten Deutschkurse. In den Hochzeiten unterrichteten zirka 20 Lehrer:innen sechs Tage die Woche, jeweils am Vormittag und am Nachmittag unter der Woche im ASB und samstags in der Unterkunft. In Kooperation mit dem ASB etablierten wir eine Fahrradwerkstatt und die Kleiderkammer. Die Nähe zur ersten Asylbewerberunterkunft, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum ASB liegt, ermöglichte einen regen Austausch. Newcomer konnten über den Hof alle Angebote erreichen. Gut besucht waren deshalb die „Kennenlernkaffeetrinken“, die einmal im Monat sonntags stattfanden.
In entspannter Atmosphäre gab es kostenlos Kaffee und Kuchen für Alt- und Neufalkenseer:innen. Man plauderte, die Kinder bastelten oder spielten und die ersten neu gelernten Wörter konnten geübt werden. Man konnte sich kennenlernen, es wurde miteinander gesungen und mitunter sogar getanzt. Ein Nachmittag, der einem alles vergessen lassen konnte, wenn man eintauchte in die verschiedenen kulturellen Hintergründe und Geschichten, die die Menschen mitteilten, wenn man interessiert war.
Als das Möbelhaus Agon zur Asylbewerberunterkunft umfunktioniert wurde, verlagerten sich einige Aktivitäten dorthin. Hilfsangebote der Alltagslotsen, ärztliche Sprechstunden und Deutschunterricht erfolgten nun vor Ort in der Unterkunft. Gemeinsam mit der Kirchengemeinde Seegefeld unterstützte die Initiative den Landkreis, die Herausforderungen der Unterbringung und die damit verbundenen Probleme zu bewältigen. Frauensport, Fitnessangebote und Kinderaktivitäten zur Entlastung sollten die schwierigen Bedingungen lindern.
Derweil wuchs die Initiative und mit ihr die Ideen. Ein eigenes interkulturelles Zentrum – ein Ort, der nicht definiert ist und an dem Alle gleichberechtigt Zugang und Schlüsselgewalt haben, war unser Traum. In der Potsdamer Straße 2 standen Räume leer, die uns passend erschienen. Es wurde diskutiert, ob diese angemietet werden sollten. Die Zeit eilte. Bedingung dafür war, dass es einen rechtskräftigen Verein geben müsste. Wir hatten uns zwar als Willkommensinitiative der Lokalen Agenda 21 Falkensee angeschlossen und agierten unter dessen Vereinsdach, als Vertragspartner wurde dieses Arrangement jedoch nicht akzeptiert. Wir waren gezwungen einen eigenen Verein zu gründen. Das geschah innerhalb weniger Tage. Die sieben Menschen, die es dazu brauchte, waren im Sprecherrat schnell gefunden – Begegnung in Falkensee e.V. (B.i.F.) war geboren.
Leider klappte es mit der Potsdamer Straße nicht. Wir zogen unser Angebot zurück, um der Zahnarztpraxis, die dort entstehen sollte, nicht im Weg zu stehen. Allerdings drängte es uns nun zunehmend in die Stadtmitte. Mit großer Freude nahmen wir deshalb das Angebot der Stadt Falkensee an, bis zum Abriss die leerstehenden Räume der Bahnhofstraße 80 zu nutzen. Am 6. November 2016 feierten wir Eröffnung der B80 – wie unser Begegnungsort ab sofort genannt wurde. Bereits die Inbesitznahme der Räumlichkeiten war ein gemeinschaftliches Projekt. Newcomer und Altfalkenseer werkelten und renovierten, schleppten Möbel, Gerätschaften und Technik zusammen, um den Bedürfnissen gerecht zu werden.
Kurdische Nachmittage, persische und russische Abende, Tanzkurse und Theater, Deutschunterricht, AG-Treffen, Hausaufgabenhilfe, Wohnberatung, Gesprächrunden, Sprechstunden der Alltagslotsen, arabische Spiele-Nachmittage am Sonntag und Plenum der WiF-Mitglieder.
Das Foodsaving ermöglichte es, regelmäßig Essen zu kochen. Zusammen kochen und essen lässt einem leicht das Miteinander erleben. Die Aufgaben wurden so umfangreich, dass eine feste Koordinationsstelle für die B80 notwendig war. Hinzu kamen Bundesfreiwillige, Praktikant: innen, junge Menschen, die ihr freiwilliges soziales Jahr bei uns ableisteten.
Die B80 wurde abgerissen, unser Umzug in die B84 erfolgte zu Fuß und händisch. Am letzten Tag trugen alle
ihren Stuhl in die neue Heimat. Sogar der Bürgermeister packte mit an, nachdem wir ihm den Schlüssel der B80 zurückgegeben hatten. Auch die B84 ist uns durch die Stadt Falkensee ermöglicht worden, die die Miete finanziell getragen hat.
Drei Jahre waren uns in der B84 vergönnt. Doch wie heißt es so schön, jedem Neuanfang hängt ein Zauber
inne. Unser neuer Standort kann kaum besser sein. Direkt am Bahnhof, sind wir sozusagen nun die offenen
Arme der Stadt Falkensee. Wir bleiben die 80er, wachsen nach oben. Angelangt sind wir bei der Zahl B89.
Wir freuen uns über den Neuanfang. Möchten allen Falkenseern und Falkenseerinnen ein wärmender Ort
sein, an dem man wachsen kann und Selbstwirksamkeit erfährt, an dem man Menschen treffen kann und Hilfe bekommt, Austausch und Ideen – oder einfach nur einen Kaffee oder einen Tee.
Kathleen Kunath