Sabine Waldner

Wege abseits vom Asylrecht

Per Verpflichtungserklärung durfte eine syrische Familie nach Deutschland ausreisen

Die Geschichte der syrischen Familie im Haus von Sabine Waldner beginnt im Jahr 2015. Der jüngste der drei Söhne kam über die Jugendhilfe als unbegleiteter Minderjähriger ins Haus, zusammen mit seinem gleichaltrigen Schulfreund. Die beiden Brüder lebten ebenfalls in Falkensee, in der Gemeinschaftsunterkunft in der Kremmener Straße, aber die Eltern Mohamad und Sara befanden sich noch in Damaskus. Mohamad  leidet an einer schweren  Nierenerkankung und Osteoprose. „Wir haben damals versucht, sie im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland zu holen“, berichtet Sabine Waldner. Aber das Verfahren war schwerfällig und wenig erfolgversprechend und ein Dialysepatient hatte im Bürgerkriegsland Syrien keine Überlebenschance. Deshalb hat sich Sabine für einen anderen Weg entschieden: die Verpflichtungserklärung über das Landesaufnahmeprogramm. 

Im Ausländerrecht ist die Verpflichtungserklärung eine Möglichkeit, abseits des Asylrechts Angehörigen von Staaten außerhalb der Europäischen Union eine Einreise zu ermöglichen. Der sogenannte Verpflichtungsgeber erklärt darin, dass er bereit ist, alle Kosten zu übernehmen, die staatlichen Stellen in Deutschland durch den Eingereisten entstehen können. Das können Kosten für Sozialhilfe oder Unterkunft, aber auch für Abschiebung oder Abschiebehaft sein, so die Paragraphen 66, 67 und 68 des Aufenthaltsgesetzes. Wer diese Möglichkeit nutzt, muss sich bewusst sein, dass im ungünstigsten Fall hohe Summen zu tragen sein können. „Der Verein Flüchtlingspaten Syrien e.V. hat uns sehr geholfen, das alles zu

organisieren“, sagt Sabine. Aber auch die Ausländerberhörde in Rathenow habe sie unterstützt. Sara musste zur deutschen Botschaft in die libanesische Hauptstadt Beirut fahren und dort die Formalitäten klären, dann noch einmal zurück nach Damaskus, um Mohamad zu holen. Seither lebt die Familie in Sabine Waldners Haus direkt am Ufer des Falkenhagener Sees. Mohamad ist gut versorgt, Sara hat einen B2-Deutschkurs besucht, der durch Corona leider ausgesetzt wurde. Die Söhne kümmern sich sehr um ihre Eltern. Sie sprechen fließend deutsch, die beiden Älteren sind ausgebildete Köche, der Jüngere macht eine Lehre bei den Berliner Wasserbetrieben. Die Verpflichtungserklärung für die Familie läuft Anfang 2022 aus, es wird sich zeigen, welchen Status sie dann haben werden.

Angefangen hatte Sabine Waldners Engagement für Geflüchtete schon im Mai 2014, als zum Tag des offenen Ateliers zwei Männer aus dem Iran auf ihrem Grundstück standen, auf dem sie an diesem Tag die filigranen Schmuckarbeiten ihrer unter dem Namen „Perlateria“ über Falkensee hinaus bekannten Werkstatt zeigte. Der eine von den beiden hatte in seiner Heimat als Goldschmied gearbeitet und wollte daran gerne in einem Praktikum anknüpfen. Er wohnte zu dem Zeitpunkt noch in der Flüchtlingsunterkunft in Friesack und war später der erste Bewohner der Falkenseer Unterkunft in der Kremmener Straße. Sabine Waldner schloss Freundschaft mit Geflüchteten und nahm immer wieder Einzelne auf, den Arzt aus Syrien etwa, der dann als Neurologe an einer Berliner Klinik anfangen konnte. Es war ihr wichtig, den Geflüchteten möglichst schnell eine Alternative zum Heim zu bieten, damit sie aus dieser integrationsfeindlichen Umgebung herauskommen konnten. Derzeit gibt es außer der syrischen Familie noch eine Dreier-Männer-WG aus Eritrea und Libyen in ihrem Haus. Sabine empfindet den Trubel als Bereicherung. Vermittelt über die WiF macht sie derzeit eine Ausbildung zur interkulturellen Teamerin. „Damit kann ich dann internationale Gruppen in Workcamps und Jugendaustauschprogrammen leiten“, sagt sie.