Ulf Hoffmeyer-Zlotnik

Der WiF ist es immer gut gelungen, auf die Leute zuzugehen

Gespräch mit Ulf Hoffmeyer-Zlotnik
Ulf Hoffmeyer-Zlotnik ist Vorsitzender des Falkenseer Seniorenbeirats und war von 1991 bis Ende 2016 beim
Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in leitender Stellung.
Du warst von Anfang an bei der Willkommensinitiative aktiv. War das überwiegend ein privates oder ein berufliches Engagement über den ASB?
Was ich für die WiF getan habe, habe ich immer ehrenamtlich gemacht, auch wenn für mich privates und
dienstliches Leben nie leicht zu trennen war. Ich habe mich immer schon als sozialpolitisch engagierten Menschen verstanden. Die Integration von Menschen ausländischer Herkunft war mir besonders wichtig, ich bin mit einer Frau aus der Türkei verheiratet. Der ASB wiederum ist als Organisation schon lange in der Flüchtlingshilfe aktiv. Das lief sehr gut ineinander. Als das Heim in der Kremmener Straße eröffnet wurde, waren wir mit dem ASB direkte Nachbarn. Da war es naheliegend, unsere Räume für verschiedene Aktivitäten zu öffnen, wie Kleiderkammer, Kontakt-Cafés oder das große Willkommensfest für die Geflüchteten.
Für welche Projekte hast du dich besonders eingesetzt?
Das Patenschaftsprogramm lag mir besonders am Herzen. Der ASB hatte schon vorher Patenschaften organisiert, deshalb war es nur logisch, hier anzusetzen. Wir haben dafür eine Vorgehensweise überlegt, die auf große Verbindlichkeit und feste Verträge setzte. Das ist allerdings daneben gegangen, auch weil am Anfang nur wenige Familien mit Kindern kamen, an die wir beim Patenschaftsprogramm besonders gedacht hatten. Und für diese wenigen Familien haben sich dann teilweise auf informellem Weg Patenschaften ergeben, an uns vorbei. Als dann die Notunterkunft in der Agon-Halle an der Seegefelder Straße kam, war schnelles Handeln gefragt. Da ging es zunächst einmal um kurzfristige Betreuung für einzelne Aktivitäten. Daraus haben sich dann teilweise auch festere Kontakte ergeben, bis hin zu so etwas wie Patenschaften.
Wo gab es Probleme?
Wenn es um die Verteilung von gespendeten Hilfsmitteln ging, zum Beispiel Fahrräder oder Bekleidung, war
es nicht immer leicht, zu Regeln zu kommen. Es geht dann darum, zu vermitteln, dass umsonst verteilte Sachen trotzdem einen Wert haben und nicht nachlässig damit umgegangen werden sollte. Wir haben teilweise Listen eingeführt, um zu wissen, wer schon was gekriegt hatte.
Was lief gut und was lief schlecht bei der Integration der Neuankömmlinge?
Das Schulsystem etwa hat sich teilweise schwer getan. In den Grundschulen lief es oft toll, bei den weiterführenden Schulen gab es dagegen vielfach kaum motivierende Angebote. Bei den Sprachkursen und der Berufsvermittlung ist vieles wirklich gut gelaufen. Enttäuscht waren wir, dass ein Konzept, dass wir beim ASB für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge entwickelt haben, nur vorübergehend als Modellprojekt gefördert wurde und dann aber eingestellt worden ist. Da wurde die Unterbringung in Familien durch den Träger professionell begleitet, das war sogar billiger als eine übliche Heimunterbringung. Trotzdem wurde es nicht weitergeführt.
Ist Falkensee durch die Aufnahme von Geflüchteten bunter geworden?
Ein Stück farbiger geworden ist es sicherlich, auch wenn die Stadt schon vorher relativ bunt war. Es leben ja Menschen mit rund 100 verschiedenen Nationalitäten hier, wobei die größte Gruppe aus Polen kommt und
andere Staaten Osteuropas auch stark vertreten sind. In den letzten Jahren sind mehr Familien mit einer klassischen Gastarbeiter-Geschichte aus Berlin hierher gezogen, die etwa aus der Türkei stammen. Eine relativ große Offenheit gegenüber Migranten gibt es in Falkensee vielleicht auch deshalb, weil die meisten Menschen hier Zugezogene sind. Über 75 Prozent sind nicht hier aufgewachsen, sondern hierher umgezogen, und sei es aus Berlin. Und viele Menschen in Falkensee haben ja selbst eine Fluchtgeschichte, auch wenn sie oft schon lange zurückliegt. Deshalb fand ich eine Aktion der WiF und des Lokalen Bündnisses für Familie im Mai 2014 auch besonders gelungen, bei der ein Schlagbaum an der Grenze zu Spandau aufgebaut worden ist und Visa ausgestellt wurden. So ist daran erinnert worden, dass erst 25 Jahre
vorher an der Stelle eine bis dahin kaum überwindbare Grenze quer durch Deutschland verschwunden ist. Und das wurde bei dieser Aktion konfrontiert mit den Berichten von Flüchtlingen über die Abschottung Europas an seinen Außengrenzen. Ich finde, der WiF ist es immer gut gelungen, auf die Leute zuzugehen. Die Initiative hat ja auch von Anfang an klargemacht, dass sie mit ihren Angeboten für alle da
ist, nicht nur für Geflüchtete.