Deutschunterricht

Schon vor der Ankunft der ersten Geflüchteten konstituierte sich als eine der Arbeitsgruppen die Deutsch AG mit 15 Interessierten, die als ehrenamtliche Lehrkräfte wirken wollten. Ziel war es, die Geflüchteten dabei zu unterstützen, sich in der fremden Umgebung zurechtzufinden. Für den Unterricht wurden Lehrbücher für Deutsch als Zweitsprache zur Orientierung genutzt. Später kamen Lehrwerke auf den Markt, die speziell auf Situation der Geflüchteten zugeschnitten waren. Doch anfangs „bastelten“ die LehrerInnen sich die Materialien selbst: mit Bildern, Werbeblättern der Märkte, mit denen man Namen, Zahlen und Preise lernen konnte, mit Flipcharts zu Wochentagen, Monatsnamen, Straßennamen aus dem Stadtplan von Falkensee. Mit Vorgaben für kleine Dialoge zu Situationen beim Einkaufen oder beim Arzt sollten die TeilnehmerInnen zum Sprechen angeregt und ermutigt werden, aber auch Formulare mussten verstanden und ausgefüllt werden. 

Als die ersten Flüchtlinge eintrafen, wurde ein Wochenplan erstellt und im Heim ausgehängt; Montag bis Freitag Nachmittag ein bis zwei Gruppen von jeweils 90 Minuten. Unterrichtet wurde meist in Zweier-Teams. Schnell fanden die Geflüchteten sich in Gruppen nach Bekanntschaften, Herkunftsländern oder zeitlichen Möglichkeiten zusammen. So gab es eine Gruppe junger Männer, die aus Kamerun geflüchtet waren; ihre gemeinsame Sprache war Französisch. In anderen Gruppen waren sowohl Herkunftssprachen als auch Vorkenntnisse sehr verschieden. Manche waren nicht zur Schule gegangen, andere hatten einen Hochschulabschluss. Unter Anleitung einer erfahrenen Lehrerin für Alphabetisierung war es möglich, diejenigen TeilnehmerInnen zu unterrichten, die über keine oder nur sehr geringe Vorkenntnisse im Lesen und Schreiben verfügten. Andere Probleme ergaben sich daraus, dass die Geflüchteten aufgrund ihres ungeklärten Aufenthaltsstatus oder persönlicher Probleme nicht regelmäßig kommen konnten.

Auch kamen immer wieder neue Teilnehmer in die Gruppen. Das erschwerte einen kontinuierlichen Unterricht. Für die Lehrenden gab es einen jour fix, um Probleme zu besprechen, von kleinen Erfolgen zu berichten und Ideen auszutauschen. Dabei zeigten sich auch unterschiedliche Vorgehensweisen: Manche versuchten mehr systematisch aufeinander aufbauende Themen zu unterrichten, andere boten einen eher themenoffenen Unterricht an. 

Für den Unterricht konnte etwa eineinhalb Jahre lang der Kulturkeller des ASB genutzt werden. Im ersten Jahr gab es zusätzlich noch weitere Sprachkurse in drei verschiedenen Unterkünften in Falkensee – eine Mammutaufgabe, zumal alles auf privater Initiative beruhte und die Gegebenheiten in den Unterkünften teilweise chaotisch waren. Nachdem der Raum beim ASB nicht mehr zur Verfügung stand, verzweigte sich der Deutschunterricht; das Team löste sich als Team auf. Einige KollegInnen gingen direkt in die Heime. Von den TeilnehmerInnen konnten einige nach erfolgreichen Tests in weiterführende Kurse an der Volkshochschule vermittelt werden. Später gab es einen nach Anfangsniveau gestaffelten Unterricht im

Beratungs- und Begegnungszentrum Falkensee (BBZ) am Gutspark. Andere Angebote gibt es bis heute in der B80/84 oder auch privat. Die Arbeit aller KollegInnen ist trotz oft schwieriger Bedingungen von großer Zugewandheit und Engagement für die Geflüchteten geprägt.

Wenn die LehrerInnen auf ehemalige KursteilnehmerInnen treffen, können diese häufig von Schulabschlüssen oder Berufsausbildungen berichten. Doch immer wieder erzählen sie auch, dass sie trotz recht guter Sprachkenntnisse bei Wohnungs- und Arbeitssuche vor vielen bürokratischen Hürden stehen und ihre Mühen beim Erwerb der deutschen Sprache kaum gewürdigt werden.