Linke – Bundestagsabgeordnete Anke Domscheit-Berg in der B 84
Willkommensinitiativen leben vom Engagement der Vielen und der täglichen Arbeit einiger Weniger. Das hat auch der Besuch von Anke Domscheit-Berg, Linke-Bundestagsabgeordnete bei uns in der B 84 am vergangenen Donnerstag deutlich gemacht. Die Wahl-Fürstenbergerin berichtet zu Beginn ihres Besuches von der Willkommensinitiative in der Wasserstadt an der Havel. „Da war am Anfang ein Riesen-Engagement in der Stadt spürbar; ganz viele wollten helfen. Die Palette reichte von Fahrrädern, die gebraucht wurden, bis zu praktischer Ersthilfe beim Ausfüllen von Formularen.“ Etliche Aufgaben seien ehrenamtlich erledigt worden, obwohl, so Domscheit-Berg, eigentlich der Staat dafür zuständig sei. Der Kreis der Unterstützer sei aber über die Zeit kleiner geworden: „Die Fülle der Aufgaben hat einige überfordert – die waren schlicht ausgebrannt.“
Im Gespräch zeigen sich schnell Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede. So ist die Fürstenberger Willkommensinitiative – anders als das Interkulturelle Zentrum in Falkensee – nur für die Arbeit mit Geflüchteten gegründet worden. Sie ist aber eng an den sogenannten „Verstehbahnhof“ angebunden, der „Makerspace“ und Veranstaltungsort für alle jungen Menschen ist. Und weil „Wissen ist Macht“ eine der Kernbotschaften des Verstehbahnhofs ist, ist Domscheit-Berg schnell bei ihrer Kernkompetenz, der digitalen Bildung.
Ihr ist wichtig, dass die Corona-bedingten Notwendigkeiten, digitale Möglichkeiten der Bildungsvermittlung zu nutzen, möglichst allen Kindern gleichberechtigt zur Verfügung stehen. „Das gilt besonders für geflüchtete Kinder, die noch im Heim leben müssen, genauso wie für Kinder ohne Migrationshintergrund mit Sozialleistungsbezug.“ Domscheit-Berg, die im Bundestag unter anderem als Obfrau der Linksfraktion im Ausschuss „Digitale Agenda“ tätig ist, verweist in diesem Zusammenhang auf die unterschiedlichen Förder- und Hilfsprogramme. „Es war wichtig, dass die Bundesregierung den Digitalpakt, bei dem die Beschaffung von Endgeräten – also Laptops und Desktops – nicht finanziell unterstützt wird, um das sogenannte ,Sofortprogramm Endgeräte‘ erweitert hat. Auch wenn aus dem 500-Millionen-Euro-Sofortprogramm die finanziellen Mittel pro Schüler nur bei etwa 150,- Euro liegen, ist die Unterstützung wichtig“, so Domscheit-Berg. Die Bundestagsabgeordnete fordert das Land Brandenburg, die Kreise und gegebenenfalls auch Kommunen auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um digitale Möglichkeiten der Bildung für alle Kinder wirklich auszuschöpfen.
Für Domscheit-Berg ist das Internet Teil der Daseinsvorsorge und der Vergleich, den sie zieht, leuchtet ein: „So wie im realen Leben Straßen gebaut werden, müssen auch die digitalen Straßen alle Menschen erreichen bzw. zusammenführen.“ Die Politikerin verweist in diesem Zusammenhang auf das schwedische Modell, bei dem der Ausbau des Glasfasernetzes – anders als in Deutschland – zu großen Teilen von den einzelnen Kommunen vorangetrieben und finanziert wird. Schweden liegt mit einer Glasfaserverfügbarkeit von knapp 60 Prozent in der Gesamtbevölkerung europaweit ganz vorn .
Domscheit-Berg ist es wichtig, dass in Deutschland der Internetzugang für einzelne Haushalte bezahlbar bleiben muss. Das gilt natürlich ganz besonders für die Unterkünfte, in denen Geflüchtete leben. Schnell wird an dieser Stelle die Kritik laut, dass hier noch vieles in Falkensee zu verbessern ist.
Der verschlafene Breitbandausbau und die mangelhafte Versorgung der Gemeinschaftsunterkünfte mit Internet verschärfen die Chancenungleichheit bei der Bildung noch weiter.
Frederik Staab
Domscheit-Berg schreibt immer wieder mit, ist interessiert und gibt Tipps, welcher Ihrer Parteifreunde Ansprechpartner für einzelne Fragen sein kann. Diskutiert wird noch über die Schwierigkeiten von Menschen mit Migrationshintergrund, in Falkensee Wohnraum zu bekommen.
Das ist fast nicht möglich, bezahlbarer Wohnraum ist viel zu teuer und steht Geflüchteten meistens nicht zur Verfügung – eigentlich hilft nur Wegziehen aus Falkensee
Ulf Hoffmeyer-Zlotnik
Domscheit-Berg zeigte sich bei ihrem Besuch in der Willkommensinitiative B 84 beeindruckt von dem Falkenseer Ansatz, eine Begegnungsstätte eben nicht nur für Geflüchtete, sondern auch für Alt-Falkenseer zu sein – und interessierte sich für die Erfahrungen, die man damit gemacht hat. Tanja Marotzke verweist auf den Bruch, den die Corona-Pandemie für die Arbeit in der Willkommensinitiative bedeutet hat. Jetzt gehe es wieder bergauf. „Wir sind wieder da und erweitern unsere Netzwerke zwischen Alt-Falkenseern und Geflüchteten täglich und kontinuierlich“, so Marotzke.
Am Ende hat wieder mal Human Mirrafati die beste Idee des Termins:
Lasst uns doch die unterschiedlichen Erfahrungen in Fürstenberg und Falkensee bei einem Initiativtreffen austauschen. Wir können nur voneinander lernen.
Human Mirrafati
Da ist die Bundestagsabgeordnete zum ersten Mal überrascht, aber Profi genug, um diesen Ball aufzunehmen. „Ihr könnt sehr gerne mal kommen. Ich wäre dabei.“